Besuch bei "Skill up!" in Uganda

Die Verlegerin Gudrun Bauer mit dem TV-Moderator Jörg Pilawa beim Besuch einer Ausbildungsstätte in Uganda

"Warum wir den Menschen in Afrika helfen müssen"

Der TV-Moderator Jörg Pilawa reiste mit Verlegerin Gudrun Bauer nach Uganda und besuchte die Ausbildungs-Initiative "skill up!"

In Afrika gibt es eine Form von Hunger, den wir hier in Deutschland komplett unterschätzen und der so viele Menschen dazu treibt, ihre Heimat zu verlassen. Es ist der Hunger nach einer Perspektive. An jeder Ecke zu spüren, selbst in für afrikanische Verhältnisse gut entwickelten Ländern wie Uganda. Ja, es gibt Krankenhäuser, es gibt Schulen. Aber dann? Das große Nichts. 60 Prozent der Jugendlichen beenden nicht die Grundschule, weil sie irgendwie zum Familienverdienst beitragen müssen. Jeder Zweite von ihnen wird in seinem Leben gerade mal 45 Euro oder weniger pro Monat verdienen. Über 60 Prozent der vielen jungen, alleinerziehenden Mütter finden gar keinen Job. „Gerade deswegen ist es so wichtig, dass wir die Ausbildung dort unterstützen“, sagt TV-Moderator Jörg Pilawa. Zum zweiten Mal hat er sich auf den Weg gemacht, um ein Projekt von „Skill up!“ zu besuchen, der großen Ausbildungsinitiative der Hamburger Verlegerin Gudrun Bauer, durchgeführt und betreut von der Welthungerhilfe. In vier Ländern werden innerhalb von fünf Jahren 8000 junge Menschen in Berufen ausgebildet, die eine echte Perspektive haben. Mehr als 170 waren es bislang in Fort Portal/Uganda, Hunderte werden folgen. Eine erste Bilanz ergab: Fast 90 Prozent der Absolventen konnten durch die Ausbildung ein regelmäßiges Einkommen erzielen. 

Der TV-Moderator Jörg Pilawa berichtet im großen Interview von der Reise:

Herr Pilawa, übersehen wir nicht ein großes Problem Afrikas – die Perspektivlosigkeit? 

Absolut! Wenn wir an Afrika denken, denken wir an Hungerkatastrophen. Denn das sind die Bilder, die wir zu Hause auch sehen. Hungernde afrikanische Kinder nach einer Dürre führen dazu, dass das Geldsäckelchen aufgemacht wird. Natürlich ist diese Soforthilfe wichtig. Aber genauso wichtig ist die Hilfe zur Selbsthilfe wie das Ausbildungsprojekt „Skill up!“. Das haben wir hier in Deutschland noch nicht so richtig erkannt.

Was geht es uns in Deutschland denn an, ob im entfernten Afrika ein junger Mensch eine Ausbildung bekommt oder nicht? 

Da könnte man natürlich mit der Moralkeule kommen und erklären, dass viele Probleme von heute aus der Kolonialzeit kommen. Aber so weit würde ich gar nicht gehen. Die Verantwortung in einer globalisierten Welt besteht doch darin, dass wir dafür sorgen müssen, dass überall auf dieser Welt die Menschen sicher und eigenverantwortlich leben können. 64 Millionen Menschen sind aktuell auf der Flucht – nicht, weil sie nicht mehr zu Hause leben wollen, sondern weil sie nicht mehr zu Hause leben können. Die Auswirkungen, wenn wir zu wenig tun, sehen wir ja gerade.

Unser Fokus richtet sich derzeit sehr auf Flüchtlinge, die bei uns sind. Wäre es nicht wichtiger, auch das Elend und die Perspektivlosigkeit zu sehen, die in Afrika herrschen? 

Ja! Wir lesen viel über die Flüchtlingsströme aus Syrien oder Afghanistan, Afrika ist da leider ein bisschen in Vergessenheit geraten. Ich glaube, perspektivisch sind das die größeren Flüchtlingsströme, die uns erwarten. 

Nun sind wir gerade gemeinsam in Uganda. Was nehmen Sie von dieser Reise mit?

Sehr sehr viel Positives. Ich habe in Afrika viele Länder gesehen, bei denen auch mir die Fantasie fehlte, eine Perspektive zu erkennen. Uganda ist dagegen ein Land mit vielen Perspektiven. Es kann sich selbst ernähren, es gibt ein Schulsystem. Durch ein Projekt wie „Skill up!“ wird  der nächste Schritt an die Hand gegeben. Denn wer einen Beruf erlernt, hat auch eine Perspektive. Nicht nur für sich, sondern für seine ganze Familie. Und diese Perspektiven werden in den nächsten Jahren immer wichtiger – hier in Uganda sind 50 Prozent der Menschen unter 15!

Im Herbst werden Sie wieder die große Helden-Gala von auf einen Blick moderieren und auch einen Menschen ehren, den Sie hier kennengelernt haben – Benjamin, den Projektleiter von „Skill up!“ Was hat Sie an ihm fasziniert?  

Er kommt von hier, als er elf war, starb seine Mutter an Aids, seinen Vater hat er nie kennengelernt. Und trotz aller Hürden hat er es geschafft, jetzt das Ausbildungsprogramm zu leiten. Eine wahnsinnige Leistung! 

Gibt es etwas, was Sie ganz persönlich aus der Begegnung mit Benjamin mitnehmen? 

Ja, in kleinen Schritten zu denken. Benjamin will mit „Skill up!“ nicht die Welt verändern, sondern kleine Leuchttürme schaffen. Und das Projekt Schritt für Schritt wachsen lassen. Ich denke, das kann man auch gut auf sein eigenes Leben übertragen. 

Wenn wir unser Leben mit dem Leben der Menschen hier vergleichen – geht es uns zu gut oder den Menschen hier zu schlecht? 

Uns geht es im Großen und Ganzen definitiv zu gut. Was dazu führt, dass man anfällig wird für Ängste. Und aus dieser Angst heraus entstehen oft politisch oder gesellschaftlich schlechte Entscheidungen. Aber zufriedenere Menschen habe ich oft in Afrika erlebt. Vielleicht, weil wir verlernt haben, uns über kleine Dinge zu freuen. Auch der Zusammenhalt innerhalb der Familie ist hier stärker ausgeprägt – auf jeden Fall ein weiterer Zufriedenheitsfaktor.

Sie wollen das „Skill up!“-Projekt weiter unterstützen. Warum? 

Ich war oft in Afrika und habe immer gedacht, dass Schulbildung das Wichtigste ist. Aber ich habe zu wenig darüber nachgedacht, was eigentlich nach der Schule passiert. Was hat ein Kind davon, wenn es sieben Jahre auf der Schule war und am Ende doch nur vor der Hütte sitzt? „Skill up!“ macht da genau den nächsten Schritt und bildet junge Menschen nach der Schule aus. Die Ausbildung ist vom Staat anerkannt – mehr kann man junge Leute kaum stärken. „Skill up!“ ist außerdem extrem nachhaltig und auf jedes Land speziell zugeschnitten. Deshalb war ich so begeistert von der „Skill up!“-Idee und bin es nach jedem Besuch vor Ort noch mehr!

Herr Pilawa, vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Chefredakteur Jan von Frenckell